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„Wird zu viel an der Wirbelsäule operiert?“ lautete die zentrale Frage beim Neurochirurgie-Symposium am Klinikum Memmingen, zu dem Chefarzt Prof. Dr. Seiz- Rosenhagen Fachleute verschiedener Berufe zu einer Podiumsdiskussion geladen hatte.
„Ja und nein“, war die Antwort von Diskussionsteilnehmer Prof. Dr. Claudius Thomé, Direktor der Neurochirurgischen Universität in Innsbruck. „Zum Teil wird zu viel operiert, zum Teil aber auch zu wenig.“ Schwierige chirurgische Geschichten wie komplexe Tumorerkrankungen an der Wirbelsäule würden zu wenig operiert, findet Thomé, der in diesem Zusammenhang auch über die Grenzen und Möglichkeiten der Wirbelsäulenchirurgie sprach. „Kleine Bandscheibenvorfälle dagegen werden zu viel operiert“, betonte Thomé. Das zeige ein einfaches aber eindrückliches Beispiel: „In Österreich müssen Patienten mit Bandscheibenproblemen mindestens drei Monate auf einen OPTermin warten.“ Nach dieser langen Wartezeit müssten „fast die Hälfte der Patienten nicht mehr operiert werden, weil sich in dieser Zeit der Bandscheibenvorfall zurückgebildet hat“. Dass man Bandscheibenvorfälle sehr gut konservativ, also ohne Operation, behandeln kann, bestätigte auch Physiotherapeut Michael Müller aus einer Memminger Physiotherapiepraxis: „Unsere Patientenakten zeigen, dass von den letzten 100 Bandscheibenpatienten, die bei uns in der Praxis waren, nur 21 operiert wurden.“ Der Rest wurde laut Müller konservativ therapiert.
Auch Unfallchirurgie-Chefarzt Prof. Dr. Christian Schinkel vom Klinikum Memmingen plädiert dafür, „erst einmal weniger invasive“ Behandlungsmethoden zu wählen. Ein Grund, warum generell „zu viel operiert“ werde, sei laut Prof. Schinkel, dass es viel mehr gute Operateure als gute konservative Therapeuten gebe: „Wir haben in Deutschland einen Mangel an konservativen Therapeuten.“ Prof. Schinkel legt Patienten das „Mehr-Augen-Prinzip“ ans Herz: „Gehen Sie mit ihrem Problem zu verschiedenen Fachleuten mit verschiedenen Ausbildungshintergründen und hören sich ihre Meinung an. Oder gehen Sie in ein Zentrum wie am Klinikum Memmingen, wo verschiedene Spezialisten zusammenarbeiten“. Auch Verwaltungsleiter Maximilian Mai vom Klinikum Memmingen betonte in der Diskussionsrunde vor rund 60 Zuhörern, dass bei der Operationsfrage „der Patientenwunsch entscheidend sein muss und nicht der ökonomische Druck“. Allerdings bestätigte er, dass das Krankenhausfinanzierungssystem „falsche Anreize“ setze: „So liegt unter Umständen die Vermutung nahe, dass mehr operiert wird, weil es dadurch mehr Erlös gibt als bei einer konservativen Therapie.“ Es müsse aber auch gesehen werden, dass eine Operation für das Krankenhaus mit wesentlich höheren Kosten verbunden sei: „Deswegen bedeutet ein höherer Erlös nicht automatisch mehr Gewinn.“
Das Neurochirurgie-Symposium von Chefarzt Prof. Dr. Marcel Seiz-Rosenhagen, zu dem auch Memmingens Oberbürgermeister Manfred Schilder als Zuhörer kam, gehörte zu einer Veranstaltungsreihe, bei der bekannte Kliniker und Wissenschaftler ins Klinikum Memmingen geladen werden, um ihre Sicht der Dinge zu einem relevanten medizinischen Thema darzustellen. Dieses Mal widmete sich Gastredner Prof. Dr. Thomé dem Thema Wirbelsäulenchirurgie. „Denn hier sind in den letzten Jahren durch Entwicklungen insbesondere im Bereich der Bildgebung, der Navigation und minimalinvasiven Technik große Fortschritte gemacht worden“, so Chefarzt Seiz- Rosenhagen. Das alles sei auch ein Grund dafür, warum heutzutage mehr an der Wirbelsäule operiert werde, ergänzte Thomé: „Denn wir können heute viel schwierigere Fälle operieren als früher. Dadurch operieren wir dann natürlich insgesamt mehr.“