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Gefährliche Keime in Rohmilch

Der Leiter des KfH-Nierenzentrums für Kinder und Jugendliche am Klinikum Memmingen, Dr. Henry Fehrenbach. Foto: Koch/Klinikum Memmingen

 

Rohmilch soll laut Studien Kinder vor Asthma und Allergien schützen. Allerdings warnen Kinderärzte vor gefährlichen Keimen, die in roher Milch vorkommen können. Sie können bei Kleinkindern zu einem akuten Nierenversagen führen, im schlimmsten Fall sogar mit Todesfolge. Wir sprachen mit dem Leiter des KfH-Kindernierenzentrums am Klinikum Memmingen, Dr. Henry Fehrenbach.  

 

Warum sind Rohmilch und Rohmilchprodukte für kleine Kinder so gefährlich?

Dr. Henry Fehrenbach: Da Rohmilch nicht wie Konsummilch einer Wärmebehandlung unterzogen wird, werden krankheitsauslösende Keime nicht abgetötet und können bei empfindlichen Personengruppen – dazu gehören Kleinkinder, aber auch Schwangere, alte und immungeschwächte Menschen – schwere, mitunter lebensbedrohliche Erkrankungen auslösen.

 

Was genau sind das für Erkrankungen?

Dr. Henry Fehrenbach: Das sind beispielsweise Bakterieninfektionen durch Keime wie den Escherichia-coli-Stamm EHEC. Schon die Aufnahme weniger EHEC-Bakterien kann zu einem akuten Nierenversagen führen, dem sogenannten hämolytisch-urämischem Syndrom, kurz HUS.

 

Was genau versteht man darunter?

Dr. Henry Fehrenbach: HUS ist eine Erkrankung, die in der Regel bei Kindern auftritt. Dabei entstehen aufgrund von Giftstoffen, die in den EHEC-Bakterien gebildet werden, im ganzen Körper Entzündungen und Verletzungen der kleinsten Blutgefäße. Diese versucht der Körper durch die Bildung kleiner Blutgerinnsel zu reparieren, die dann die Blutversorgung lebenswichtiger Organe wie des Gehirns, des Herzens und vor allem der Nieren blockieren. Es kann zum Versagen lebenswichtiger Organe führen – in seltenen Fällen sogar mit Todesfolge.

 

Wie häufig kommt das vor?

Dr. Henry Fehrenbach: Wir behandeln in Memmingen jedes Jahr rund fünf Kinder mit akutem Nierenversagen durch HUS. Allein in diesem Sommer hatten wir drei, an HUS erkrankte Kleinkinder. Darunter ein erst eineinhalbjähriges Kind, das deswegen dauerhaft an der Dialyse (Blutwäsche) bleiben muss. Leider erkranken in Deutschland jedes Jahr rund 100 bis 150 Kinder an dem hämolytisch-urämischem Syndrom. Die Sterblichkeit liegt bei etwa zwei Prozent.

 

Wie kann man solch einer Erkrankung vorbeugen?

Dr. Henry Fehrenbach: Das Erregerreservoir der EHEC Bakterien befindet sich vor allem in den Fäkalien von Wiederkäuern und Paarhufern. Daher kann insbesondere der Verzehr von Rohmilch und Rohmilchprodukten gefährlich sein. Kinder, vor allem Kleinkinder bis zum fünften Lebensjahr, sollten daher Rohmilch und Rohmilchprodukte meiden. Das wird so auch von den Gesundheitsämtern und dem Robert-Koch-Institut (RKI) empfohlen. Rohmilch muss vor dem Verzehr mindestens zwei Minuten lang über 70 Grad erhitzt werden, damit die Bakterien abgetötet werden. Auch nach einem Stallbesuch oder einem Besuch im Streichelzoo sollte man sich gut die Hände mit Seife waschen, denn auch dort kann man mit Fäkalien-infiziertem Fell in Kontakt kommen. Ich würde mir sehr wünschen, dass solche Vorsichtsmaßnahmen gerade bei Bauernhof-Besuchen von Kindergartengruppen oder Schulklassen ernst genommen werden würden.

 

 

KfH-Nierenzentrum für Kinder und Jugendliche Memmingen:

Das KfH-Nierenzentrum für Kinder und Jugendliche am Klinikum Memmingen ist eines von 17 auf Kindernephrologie spezialisierten KfH-Zentren in Deutschland, drei davon in Bayern. In Kooperation mit den jeweiligen Universitäts- bzw. Kinderkliniken vor Ort wird in diesen KfH-Zentren das gesamte Spektrum der Diagnostik und Therapie von Nierenerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen abgedeckt und auf die besonderen Bedürfnisse der jungen Patienten eingegangen.

Das Kindernierenzentrum am Klinikum Memmingen wurde 1989 gegründet und befindet sich seit 2009 in Trägerschaft des KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V.

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